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Interview mit Susanne Formanek, GRÜNSTATTGRAU

Beitrag von unserer Bloggerin Petra Nemec

GRÜNSTATTGRAU fördert Innovationen für grüne, smarte Städte der Zukunft. Denn es ist unbestritten: Der Klimawandel findet statt!

Interview mit Susanne Formanek, GRÜNSTATTGRAU
Interview mit Susanne Formanek, GRÜNSTATTGRAU

Bauwerksbegrünungen leisten einen signifikanten Beitrag zur Klimawandelanpassung in der Stadt. GRÜNSTATTGRAU ist eine ganzheitliche Kompetenzstelle für Bauwerksbegrünung, die Impulse gibt, Menschen vernetzt, innovative Projekte und Produkte umsetzt und partizipative Strategien bis zur Umsetzung begleitet.

GRÜNSTATTGRAU fördert Innovationen für grüne, smarte Städte der Zukunft. Denn es ist unbestritten: Der Klimawandel findet statt, und neben Klimaschutz ist auch die Anpassung an die veränderten Bedingungen besonders wichtig. Begrünte Dächer und Fassaden helfen Städte lebenswert zu machen und leisteneinen Beitrag zur Klimawandelanpassung.

Wir haben nachgefragt bei Susanne Formanek, Geschäftsführerin der GRÜNSTATTGRAU GmbH:

Was genau hat Fassadenbegrünung mit Klimawandelanpassung zu tun? Warum ist „mehr Grün“ so wichtig für unsere Zukunft?

Zu Bauwerksbegrünung umfasst mehr als die Fassade – dazu gehören auch Dachbegrünungen und Innenraumbegrünungen. Gerade die Pflanzen in der Stadt haben einen großen Einfluss auf das Mikroklima. Durch den Klimawandel steigt die Temperatur, es kommt immer mehr zu Starkregen und Extremwetterereignissen und dem wirken die Pflanzen als natürliche Systeme entgegen. Zum Beispiel bei der technologisch sehr ausgereiften Dachbegrünung – hier wird bei Niederschlägen das Wasser zurückgehalten und dadurch der Kanal weniger geschädigt. So kann man sich zum Teil Retentionsbecken ersparen.

„Die Wirkung von Pflanzen ist beeindruckend.“

Ein Blatt kann nie heißer werden als die Umgebungstemperatur, es nimmt die Sonnenenergie und wandelt sie um in Sauerstoff und Verdunstungskälte. Dadurch kommt es nicht nur zur Verschattung, sondern zur kühlenden Verdunstung von Wasser im Umfeld vom Gebäude und beeinflusst somit das Mikroklima positiv. Das führt dazu, dass weniger Klimaanlagen eingesetzt werden müssen und so Energie eingespart werden kann.

Ist es egal, für welche Pflanzen man sich bei der Begrünung entscheidet? Oder gibt es hier Unterschiede, was ihre „Klimawandelanpassungs-Leistungen“ betrifft?

Man muss sich zuerst die Frage stellen, welche der sogenannten Ökosystemleistungen fokussiert werden sollen. Dazu gehören in etwa die regulierenden Leistungen im Bezug auf Mikroklima, Wasserqualität oder Starkregen sowie Haltbarkeit, aber auch bereitstellende Leistungen wie Nahrungsmittelproduktion.

Je nach Ziel eignet sich unterschiedliche Arten von Bauwerksbegrünung beim Dach und Fassade. Beim Dach sprechen wir von der Extensiven und der Intensiven, dass korreliert hier mit den Aufbauhöhen. Ab 8 cm ist es ein extensive und ab 15 cm sprechen wir von einer intensiven Dachbegrünung. Bei Letzterer kann das Dach als zusätzlicher Lebensraum bzw. als Garten genutzt werden und der Effekt für das Mikroklima und Biodiversität ist stärker.

Bei der Fassadenbegrünung ist die Bandbreite sehr groß. Hier können bodengebundene Pflanzen verwendet werden. Wichtig ist die Wuchshöhe. So gibt es z.B. Pflanzen, die können bis zu 30 Meter hoch werden können. Je nach Vorgabe sollen manche Pflanzen nicht zu hoch werden und man muss sich an Brandschutzvorgaben halten. Wenn wir beispielsweise an Tröge denken, dann kommen hier nur „Selbstklimmer“ in Frage oder man gibt passende Rankhilfen. Es gibt Pflanzen, die eine stärkere Rankhilfe benötigen wie z.B. der Blauregen oder manche Arten geben sich mit einem Gitternetz zufrieden.

„Welche Wirkungen erziele ich damit am Gebäude? Welche Bauvorschriften gibt es? Sollen es Pflanzen sein, die essbare Früchte liefern, um Urban Gardening betreiben zu können?“

Eine Zielsetzung in Ihrem Unternehmen ist die nachhaltige Marktentwicklung und die Leistbarkeit von Technologien zur Umsetzung für die grüne, smarte Stadt der Zukunft. Was können wir uns darunter vorstellen? Wie sieht die Stadt der Zukunft aus?

„Städte der Zukunft müssen sich an den Klimawandel anpassen und lebenswert bleiben.“

Bei der klimafitten bzw. klimaneutralen Stadt spielt die Bauwerksbegrünung mit den anderen Bereichen wie dem Verkehr, Energie und Kreislaufwirtschaft sehr gut zusammen. Die Stadt der Zukunft ist eine, in der die unterschiedlichen Bereiche synergetisch ineinandergreifen. Ein Gebäude hat Auswirkungen auf andere Gebäude. Deswegen ist es sehr wichtig, in Quartieren zu denken. Wir sprechen von Plus Energie Quartieren, wo Begrünung Standard ist. Thema sind auch versickerungsoffen gestaltete Zufahrten usw.

Bei uns werden die Nature Based Solution, die naturbasierten Lösungen, am und ums Gebäude angewendet.

Wenn wir das Beispiel Biotope City nehmen:  
Dort wurde mit einer Mikroklima-Simulation eruiert, wie man die Gebäude positionieren muss, sodass der Wind durchstreichen kann und wo Bäume gesetzt bzw. Gebäude begrünt werden sollten, damit mit Wind und Verdunstungskälte eine optimale Kombination entsteht und keine zusätzliche Gebäudekühlung notwendig ist.

Wir arbeiten auch an Projekten, in denen die Gebäude mit Grauwasserrückgewinnung gespeist werden und mit Grauwasser auch die Fassadenbegrünung gegossen werden kann. Wir setzen Solar-Gründächer um. Dort bindet die Begrünung nicht nur den Staub, sondern die Kühlung hat noch einen zusätzlichen Ertrag zur Stromerzeugung. Es geht immer darum, wo können Synergien perfekt miteinander korrelieren.

Ihr Unternehmen ist strategischer Partner von BauträgerInnen, PlanerInnen, Behörden und anderen UmsetzungspartnerInnen. Was konkret bietet Ihr Unternehmen an? Begleiten Sie ein Projekt von der Idee bis zur fertig begrünten Fassade?

Im Vorfeld evaluieren wir mittels gezielter Fragen das Projektvorhaben. Damit wir die technische und finanzielle Machbarkeit abwägen können, gibt es den sogenannten Greening-Check. Das ist ein 16-Schritte Online-Check. Hier werden essentielle Fragen beantwortet, die die Grundlage für eine weitere Planung bilden. Welches Dach ist es überhaupt? Kann man auf das Dach zusteigen? Gibt es einen Wasseranschluss? Wie alt ist die Fassade, gibt es Sprünge oder wird irgendwann gedämmt?


Es gibt die drei Stufen der Green-Checks, von denen eine eine kostenpflichtige Beratung mit einem Protokoll ist und eine sehr gute, unabhängige Machbarkeitsanalyse. Dabei wird auch auf den Umfang der Begrünung und die möglichen Pflanzenarten eingegangen.

Außerdem arbeiten wir arbeiten mit vielen BauträgerInnen zusammen und machen eine Machbarkeitsanalyse oder eine Baubegleitung. Unser 100%iger Eigentümer ist der Verband der Bauwerksbegrünung, welcher auch die Normen schreibt und die Zertifizierungen macht, somit könnte man sagen, dass uns Qualitätssicherung im Blut liegt. Zudem vernetzen wir unsere Partner, bringen sie für Projekte und Forschungen zusammen und helfen bei der Entwicklung und Umsetzung von Demonstrationsprojekten.

Oft bekommen wir auch Anfragen zur Umsetzung und Förderung. Hier vermitteln wir an unser Netzwerk.

„Wir haben eine große Datenbank, wo wir nicht nur die Expertisen der Firmen zeigen, sondern auch alle Projekte und umgesetzte Produkte. Dort haben wir schon über 400 Einträge.“

Können Sie uns ein Beispiel für ein gelungenes Projekt nennen? Hatten Sie in letzter Zeit ein „Lieblingsprojekt“, das besonders gut gelungen ist?

Wir haben an die 120 Projekte in den letzten fünf Jahren mitbegleitet. Sicherlich ist eines der Erfolgsprojekte „50 grüne Häuser“, weil wir hier mit unseren PartnerInnen vieles quergedacht und ausprobiert haben. Im Rahmen eines Calls wurden 50 Tröge zur Begrünung gratis angeboten. Die Resonanz waren über 200 Interessenten.  

Dabei wurde deutlich, mit wie vielen Barrieren solch ein Realisierungsprozess verbunden ist, wie z.B. Wohnungseigentumsgesetz, Pflege, Gehsteigbreite, Auswahl der Gewerke und natürlich sämtliche Genehmigungsprozesse. Unser Ziel war es dann, Genehmigungsprozesse zu verkürzen, es leistbar zu machen und natürlich breit auszurollen.

„Wir wollten motivieren, es nachzumachen.“

Besonders gelungen ist auch unser Do-it-yourself-Projekt BeRTA und PeTER. Das ist ein Grünfassadenmodul, welches man bestellen oder als Do-it-yourself-Variante selberbauen kann. Es war uns wichtig, das Modul ganz unter ökologischen Gesichtspunkten in puncto Materialwahl, Pflanzenwahl, qualitätsgesicherte Substratlösungen, langhaltende und önormgerechte Aufbauten zu entwickeln und die gesamten Genehmigungsprozesse zu vereinen.

„Heute wird im Neubau nur jedes 10. Flachdach begrünt. Wenn jedes 2. Flachdach begrünt werden würde, könnten wir 33.000 Jobs in der Wertschöpfungskette schaffen.“

Wo sehen Sie Ihr Unternehmen in den nächsten 5 Jahren bzw. welche Ziele haben Sie sich gesetzt?

Eines unserer Ziele ist es, jedes zweite Flachdach im Neubau zu begrünen. Auch die Sanierung ist ein großes Thema. Wenn die Sanierungsinitiative richtig startet, könnten eine Menge Dächer und Fassaden gleich mitbegrünt werden. Es ist eine Chance für jedes Gebäude, die flächendeckend genutzt werden sollte: Wenn schon das Dach neu gemacht wird, kann man es auch begrünen und so Stück Lebensraum schaffen. Gleichzeit wird die Lebenszeit erhöht.

Das ist auch mein persönliches „Steckenpferd“: Bauwerksbegrünung als passive Maßnahme vermehrt einzusetzen, um den Energieverbrauch zu reduzieren und die Bauwerksbegrünung dazu verwenden, die Gebäude zu optimieren. Dazu wird es notwendig sein den Fachkräftemangel entgegenzuwirken was wir gerade tun.

„Mit neuen Ideen und Ausbildungsschienen wollen wir Zukunftsaussichten schaffen“.

Kurz nachgefragt

Was war Ihr bisher prägendster Job?
Das Innovationslabor GRÜNSTATTGRAU zu entwickeln und mit aufzubauen

Welche ist Ihre Lieblingspflanze?
Haselnuss, weil es mein Lebensbaum im Jahreskreis ist, eine Pionierpflanze ist und  für Wahrheit und Ehrlichkeit steht.

Wer oder was hat Ihren Lebensweg bedeutend beeinflusst?
Der Tod meiner Eltern, da ich in jungen Jahren ohne Eltern ohne Grenzen leben konnte und das war prägend

Leben Sie persönlich lieber in der Stadt- oder am Land?
Halb, halb, ich lebe in einer mittelgroßen Stadt

Dieses Talent würde man Ihnen nicht zutrauen ….
Akribisch immer aufs Ziel zuzugehen

Ihr Berufswunsch als Kind?
Am Bauhof arbeiten oder auf Baustellen

Welche drei Dinge würden Sie auf eine einsame Insel mitnehmen?
Eine Wasseraufbereitungsanlage, Messer, Radio mit Handkurbel

Mit welcher Persönlichkeit würden Sie gerne einmal plaudern?
Liz Mohn, von der Bertelsmannstiftung