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Interview mit Christa Lackner, Natur im Garten

Beitrag von unserer Bloggerin Luise Steininger

Christa Lackner ist Geschäftsführerin der Initiative „Natur im Garten“. Im Interview erzählt sie über die Geschichte und die Zukunftspläne von „Natur im Garten“, ihrem persönlichen Traumgarten.

Christa Lackner – Geschäftsführerin der Initiative „Natur im Garten“
Christa Lackner – Geschäftsführerin der Initiative „Natur im Garten“

Christa Lackner ist Geschäftsführerin der Initiative „Natur im Garten“. Im Interview erzählt sie über die Geschichte und die Zukunftspläne von „Natur im Garten“, ihrem persönlichen Traumgarten und warum auch öffentliche Grünflächen ökologisch gepflegt werden sollten. Zudem verrät sie uns, dass sie privat, wie beruflich leidenschaftlich gerne mit dem Fahrrad unterwegs ist.

Luise Steininger: Du bist Geschäftsführerin von „Natur im Garten“ – eine Aktion des Landes NÖ und mittlerweile wohl einer der bekanntesten Initiativen im Land. Wenn Du heute zurückblickst: Was war bei der Gründung die Grundidee bzw. was waren die Eckpfeiler der Aktion?

Christa Lackner: „Natur im Garten“ ist vor 17 Jahren mit der Grundidee eine Ökologisierung der Gärten und Grünräume zu forcieren, gegründet worden. Seit dem gelten unsere drei Kernkriterien: kein Torf, keine Pestizide, kein chemisch-synthetischer Dünger. Und wir legen einen großen Wert auf die Vielfalt in den Gärten, um eine ökologische Pflege gewährleisten zu können.

Basis der Grundidee war eine Schweizer Studie, die belegte, dass der Boden in Privatgärten stark mit Pestiziden und anderen Schadstoffen belastet ist. Darauf aufbauend wurde überlegt, wie den Menschen vermittelt werden kann, das alte Gartenwissen unserer Großmütter wieder anzuwenden.  Die Gärten unserer Großeltern waren ja naturnahe, ökologisch gepflegte Gärten. Es gab kaum chemisch-synthetischen Dünger und kaum Pestizide – sie haben die Geheimnisse des Kreislaufes der Natur noch gekannt und haben das Gleichgewicht zwischen Nützlingen und Schädlingen im Garten zu unterstützen gewusst.

Nicht nur Privatpersonen sind eine wichtige Zielgruppe von „Natur im Garten“, das Service umfasst auch attraktive Angebote für Gemeinden. Worin siehst Du hier den besonderen Mehrwert?

Die Grünräume in den Gemeinden – die Parks, das Straßenbegleitgrün – sind ja Bereiche, wo sich Menschen treffen und wo gespielt, im Gras getollt wird. Das sind ganz wichtige Bereiche, wo keine Pestizide verwendet werden sollen, damit unsere Kinder dort ganz unbelastet spielen können.

Wir haben mit dem NÖ Gemeindebund gemeinsam eine Initiative gestartet, dass bis 2020 die Grünräume in allen Gemeinden in NÖ pestizidfrei werden sollen – bisher haben sich bereits 211 (von 573) Gemeinden dazu bekannt, keine Pestizide mehr zu verwenden.

„Natur im Garten“ ist nicht nur zu einem Fixpunkt in NÖ geworden – so rufen z.B. jährlich über 40.000 Menschen beim Gartentelefon an – sondern es „strahlt“ mittlerweile weit über die Grenzen Niederösterreichs hinaus. Die Aktion hat sich auch in Tirol, Vorarlberg, Steiermark und in sechs weiteren europäischen Ländern etabliert. Innenminister Mag. Wolfgang Sobotka hat als Initiator der Aktion „Natur im Garten“ letztes Jahr den Sonja-Bernadotte-Preis für Wege zur Naturerziehung verliehen bekommen. Warum glaubst Du ist solch ein internationaler Erfolg möglich?

Wir haben uns bei „Natur im Garten“ immer um eine sehr praxisnahe Beratung bemüht. Wenn die Menschen uns am Telefon eine Frage stellen, bekommen sie eine praktische Antwort – eine Hilfestellung, was sie wirklich tun können. Dadurch ist eine Bewegung daraus geworden – weil sich die Menschen begleitet fühlen.

Grundsätzlich ist der Garten aus meiner Sicht ein ganz wichtiger Lebensraum für uns Menschen, denn er hat ganz vielfältige Funktionen: Er ist das erweiterte Wohnzimmer, ein Erholungsort um die Seele baumeln zu lassen, ein Ort, der gepflegt werden muss – darf – kann. Dieses Arbeiten hat für viele Menschen auch einen Gesundheits- und Erholungsaspekt – der Garten hilft uns, unseren Körper gesund zu halten. Der Garten hat auch eine Versorgungsfunktion – ich kann frisches Obst und Gemüse und Kräuter aus dem Garten holen und direkt in der Küche verarbeiten. Es ist jedes Jahr wieder etwas Besonderes, wenn man die ersten Paradeiser erntet. Wir sind in einer digitalen, stressigen Welt unterwegs – ein Garten kann uns da wieder sehr erden und Bodenhaftung geben.

Es hat hier eine Änderung der Haltung in ganz Europa gegeben hat – die Wichtigkeit des Lebensraums Garten und seine Funktionen wurden wieder erkannt. Das hat „Natur im Garten“ angestoßen, gemeinsam mit vielen KooperationspartnerInnen. In Österreich gibt es die Aktion mittlerweile in Tirol, Vorarlberg, Steiermark und die Verhandlungen mit Oberösterreich und dem Burgenland laufen gerade.

Christa Lackner – Geschäftsführerin der Initiative „Natur im Garten“
Christa Lackner – Geschäftsführerin der Initiative „Natur im Garten“

Daneben ist ein Grund für die Auszeichnung der Idee – dass Innenminister Mag. Wolfgang Sobotka den Sonja-Bernadotte-Preis erhalten hat – sicherlich die Besonderheit, dass wir die Ökologie in den Garten bringen. Das Thema Garten ist schon immer wichtig gewesen, aber Gärten naturnah zu gestalten verbindet das Thema Garten mit den Themen Umweltschutz und Nachhaltigkeit – der Zusammenhang dieser Dinge wird begreifbar und wir können Nachhaltigkeit direkt vor unserer Wohnzimmertür auch wirklich leben.

Zusätzlich ist es auch so, dass je mehr wir über Automatisierung und Digitalisierung in unserem Umfeld reden, desto mehr wir wieder einen Ort brauchen, wo die Analogie vorherrscht. Einen Ort, wo analog gearbeitet wird, wo wir uns ins Grüne legen können und den Kreislauf der Natur wieder spüren. Das sind zwei Welten, die einander brauchen und die wir Menschen brauchen – das ist meine ganz persönliche Überzeugung.

„Natur im Garten“ gibt es nun bereits 17 Jahre. Wenn Du Dir vorstellst wir hätten das Jahr 2024 und es stehen die Feierlichkeiten zum 25-jährigen Bestehen von „Natur im Garten“ an. Welche Erfolge müssten hier unbedingt präsentiert werden?

Ein wesentlicher Erfolgsfaktor ist, dass dann die Grünräume unserer 573 Gemeinden in NÖ ökologisch gestaltet und gepflegt sind. Dass es in jeder Gemeinde selbstverständlich eine Blumenwiese gibt, wo die Schmetterlinge und die Bienen ihr Zuhause haben und die Nützlinge wieder zurückkehren und ihren Platz haben. LH-Stellvertreterin Johanna Mikl-Leitner hat sich zum Ziel gesetzt die Grünräume in allen Gemeinden schon bis 2020 pestizidfrei zu halten.

Weiters wird 2024 die Gartenpädagogik auch im Biologieunterricht in den Schulen fix verankert sein. Anhand des Gartens bzw. des Komposthaufens – das Herzstück eines jeden Naturgartens – kann der Kreislauf der Natur sehr gut erklärt werden. Die SchülerInnen können außerdem die in der Schule erlernte Theorie zuhause im Garten praktisch ausprobieren.

Das sind wahrscheinlich die wesentlichsten Dinge, aber ein Erfolg wird auch sein, dass Produkte, die den Kriterien von „Natur im Garten“ entsprechen, mit dem Igel ausgezeichnet sind und die Menschen somit eine Entscheidungshilfe beim Einkaufen haben.

Christa Lackner – Geschäftsführerin der Initiative „Natur im Garten“
Christa Lackner – Geschäftsführerin der Initiative „Natur im Garten“

„Natur im Garten“ bietet auch viele sehr inspirierende Natur-Schaugärten. Von der professionellen und touristisch genutzten Großanlage der GARTEN TULLN bis zu vielen kleinen privaten Hausgärten. Wie sieht Dein persönlicher Traumgarten aus? Welche Elemente muss dieser unbedingt enthalten?

Mein Traum ist ein Garten mit einem Gemüsebeet, wo ich den typischen Sommersalat, Paradeiser, Kräuter, Zucchini ernten kann, eine Wiese zum Spielen, eine Sitzecke mit Feuerstelle zum Grillen an Sommerabenden, eine Staudenhecke, die vom Frühjahr bis zum Herbst blüht. Ein Komposthaufen gehört zum Gemüsebeet natürlich automatisch dazu. Und ich wünsche mir einen großen Baum in der Mitte oder mehrere Bäume, die Schatten spenden.

In Deinem Berufsleben begleiten Dich die Themen Ökologie und Nachhaltigkeit schon lange. Bevor Du die Geschäftsleitung von „Natur im Garten“ übernommen hast, warst Du viele Jahre bei “die umweltberatung“ Niederösterreich tätig (als Umweltberaterin und lange Jahre in leitender Funktion) und Du unterrichtest auf der Hochschule für Agrar- und Umweltpädagogik in Ober St. Veit. In welchen u.a. auch privaten Lebensbereichen gelingt es Dir gut nachhaltig zu handeln?

Ein wirklicher Fixpunkt in meinem Leben ist die nachhaltige Mobilität. Bei meinen beruflichen Terminen gelingt es mir wahrscheinlich zu 95 %, die An- und Abreise mit der Bahn und dem Rad zu machen. Termine in der Nähe bei mir Zuhause nehme ich nur mit dem Rad wahr. Somit nütze ich sie um die notwendige Bewegung und den Ausgleich gleich im Berufsalltag zu integrieren. Radfahren ist eine Bewegungsform, bei der man noch sehr viel mitbekommt und es ist ein guter Ausgleich um den Kopf schnell frei zu bekommen – es gefällt mir und es ist gesund.

Auch bei meinen Urlaubsreisen versuche ich sehr oft mit dem Zug anzureisen. Hier gelingt es mir – je nach Urlaubsziel – nicht immer. Zumindest beim Sommerurlaub muss es aber auch die Zeit dafür geben. Ich sehe die An- und Rückreise als Urlaubsbestandteile – für mich beginnt der Urlaub mit dem Einsteigen in den Zug, so genieße ich z.B. in meinen heurigen Sommerurlaub die Zeit im Nachtreisezug und auf der Fähre auf dem Weg nach Kopenhagen.

Beim Einkaufen bevorzuge ich biologische Lebensmittel aus der Region – bestenfalls am Markt gekauft.

Wo stößt Du dabei auf Grenzen? In welchen Bereichen würdest Du gerne nachhaltiger agieren als Du es derzeit schaffst?

Es gibt einfach berufliche Termine, wo ich öffentlich nicht hinkomme. Dann muss ich auch manchmal auf das Auto oder das Flugzeug umsteigen.

Wenn ich viel unterwegs bin, ist es beim Mittag- und Abendessen schwierig auf die Herkunft der Lebensmittel zu achten. Beim Kochen zuhause, ist das viel leichter, dass ich biologische Lebensmittel aus der Region verwende.

Was ich nach wie vor nicht geschafft habe, ist meine Kleidung nach nachhaltigen Kriterien einzukaufen.

Welchen Tipp oder welche Empfehlung möchtest Du unseren LeserInnen auf deren Weg zu einem nachhaltigen Lebensstil mitgeben?

Wir denken viel zu oft kompliziert, wenn es um das Thema Nachhaltigkeit geht – es gibt viele Kleinigkeiten, die ein Jeder umsetzen kann. Leitungswasser trinken, Fair Trade Kaffee, Stiegen statt Aufzug – das sind Dinge, die kann Jede/r umsetzen. Natürlich gibt es auch Bereiche wo es viel schwieriger ist, wie z.B. die Mobilität, aber wir sehen immer das große Ganze – das uns immer sehr kompliziert vorkommt – aber jeder kleine Schritt, den wir machen, ist wichtig.

Außerdem sollten wir viel vernetzter denken, denn oft hat das Nachhaltige auch einen gesundheitlichen Aspekt. Das gilt z.B. für Bewegungsformen und Lebensmitteln – Leitungswasser zu trinken ist einfach viel gesünder.

Kurz nachgefragt:

  • Welche Telefonnummer in Deinem Verzeichnis ist die wichtigste?
    die meiner Mutter und meiner Geschwister
  • Kürbis oder Erdäpfel?
    Erdäpfel
  • Was war Dein bisher lustigster oder seltsamster Job?
    Wie ich bei der Umweltberatung angefangen habe, haben wir zur Einführung der Mülltrennung (1989) in den Gemeinden Vorträge zur Abfallvermeidung- und trennung gemacht. Ich habe dabei immer eine ganze Bananenschachtel Aludosen mitgehabt und neben dem Vergleich zur Glasmehrwegflasche, wie viele Ressourcen das sind, habe ich diese immer auf den Boden geleert. Das war immer sehr lustig, weil es immer alle sehr erschreckt und überrascht hat.
  • Wofür steht der Monat November für Dich?
    bunte Bäume, Herbst, Nebel, sonnige Tage
  • Kaffee oder Tee?
    Kaffee
  • Ein Buch, das Dich besonders fasziniert und bewegt hat?
    Das sind viele Bücher – ich lese sehr gerne gesellschaftskritische Romane und Krimis.
    Es gibt viele Bücher, die einfach zu meinem Leben gehören. Harry Mulisch ist mein Lieblingsautor – das sind Bücher, die habe ich vier oder fünf Mal hintereinander gelesen. Aber auch Isabel Allende oder Barbara Frischmuth sind Autorinnen, von denen man meiner Meinung nach jedes Buch gelesen haben muss.
  • Mit welcher berühmten Persönlichkeit würdest Du Dich gerne treffen?
    Leonhard Cohen – aber das geht leider nicht mehr.
    Peter Gabriel – weil mich seine Musik fasziniert und er in seinem Leben immer Neues begonnen hat, obwohl er schon erfolgreich war. Er hat sich, seine Werke und die Musik immer weiter entwickelt.
  • Dein Lieblingstier – außer dem Igel?
    Schmetterling
  • Welcher Garten hat Dich am meisten beeindruckt und warum?
    Die Garten Tulln – unser Arbeitsplatz. Ich freue mich immer, wenn Menschen zu uns kommen und ich sie durch die Garten Tulln begleiten darf, weil es einfach der schönste Arbeitsplatz ist, den es gibt. Ich empfinde wirklich Demut und es ist ein Privileg, dass wir mit und in diesem Garten arbeiten dürfen.
  • Urlaub mit dem Rad – welches Land, welche Route hat Dich am nachhaltigsten beeindruckt?
    Das waren so viele schöne … die Bretagne.

Herzlichen Dank für das Interview!