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Schämen oder nicht schämen, ist das hier die Frage?

Beitrag von unserer Bloggerin Sabine Schellander

Ein Langstreckenflug pro Person produziert ca. 1-2 Tonnen CO2 Äquivalent. Um 1 Tonne CO2 zu binden braucht eine Buche 80 Jahre oder eben 80 Buchen ein ganzes Jahr.

Blick aus dem Flieger auf ein Triebwerk
Ist Fliegen zum Schämen?

Mit meinem Blogbeitrag möchte ich diesmal einfach mal ein paar Gedanken in den Raum stellen und freue mich, falls jemand seine Meinung dazu mit uns teilen möchte. Mein Beitrag ist auch keine wissenschaftliche Abhandlung, sondern mehr als Dialog zwischen mir und Euch zu werten.

Aber fangen wir mal mit ein paar Fakten an, die mir seit neuesten im Kopf herumschwirren:

Etwas, das allen vielleicht schon bekannt ist: (bitte nagelt mich nicht auf die genauen Werte fest, je nach Quelle fluktuieren diese ein wenig)

1 Tonne COÄquivalent entspricht in etwa einer:

  • 5.000 km langen Autofahrt (Ø Benzinverbrauch 8,5 l)
  • 10.000 km langen Busfahrt
  • 45.000 km langen Bahnfahrt (damit kommt man ca. 11x um die Erde, für den Fall, dass ihr das wissen wollt) oder
  • 4 Flügen Zürich nach London & retour

Ein Langstreckenflug pro Person produziert ca. 1-2 Tonnen CO2 Äquivalent. Um 1 Tonne COzu binden braucht eine Buche 80 Jahre oder eben 80 Buchen ein ganzes Jahr.

Details, die euch vielleicht neu sein könnten und die mich zum Nachdenken gebracht haben

Mit An- und Abreise, Sicherheitsschecks und Wartezeiten, kann – natürlich je nach Strecke – sich die Zeitersparnis Flugzeug gegenüber Zug relativieren. Und betrachtet man dann in weiterer Folge die effektive Arbeitszeit, die man aufwenden kann, um bspw. während seiner Reise an wundervollen Blogbeiträgen zu schreiben, wird es noch spannender. Da schneidet der Zug oft besser ab als der Flieger. Natürlich auch je nach Reisestrecke, Länge und vermutlich WLAN. 

Zug vs Flieger so ca. kann das aussehen

Dinge, die man so vielleicht wirklich noch nicht wusste:

2017 fielen allein durch das Catering und Service bei Flügen knapp 6 Mio. Tonnen Abfall an. Diese Menge bezieht sich auf ca. 4,1 Milliarden beförderte Fluggäste. (Quelle: IATA, 2018b) 

2050 wird von der Internationalen Luftverkehrs-Vereinigung (IATA) ein Passagieraufkommen von 16 Milliarden Menschen prognostiziert (IATA, 2011, S. 74), was das jetzt für die Abfallmenge bedeutet, könnt Ihr Euch selber denken. 

Man kann Flugreisen kompensieren und CO2Zertifikate kaufen, die für Klimaschutzprojekte aufgewendet werden. Allerdings machen das erst ca. 2% der Fluggäste. 

Warum ich Euch das jetzt erzähle?

Weil ich in Kürze das dritte Mal in diesem Jahr nach Portugal fliege. Und ja, ich fürchte, ich schäme mich das erste Mal dafür. Wobei, es kommt natürlich drauf an, wem ich das erzähle, aber so von Nachhaltigkeitsmensch zu Nachhaltigkeitsmensch, fühle ich mich nicht so brillant, wenn ich das mal so festhalten darf.

In diesem Sinne, kann ich also behaupten: Hallo liebes „Flight Shaming“, Du bist jetzt auch bei mir angekommen. 

Flüge sind mittlerweile so billig, dass die Hemmschwelle oft gering ist, sich nicht für 49,99- mal schnell nach Barcelona zu schmeißen. Auf ein paar Drinks und 3x die Füße ins Meer stecken, um am Montag wieder im Büro zu sitzen. Klar, es kommen dann noch die Steuern und das Gepäck und die Kosten für den Sitzplatz on top, aber ok selbst 99,99- klingen noch toll.

Warum also nicht sofort buchen und in den Flieger springen?

Warum fühle ich mich dann das erste Mal echt schlecht, dass ich in ein paar Tagen am Sicherheitscheck stehe?

In der Arbeit skype ich vornehmlich, da springe ich auch nicht jedes Mal ins Auto oder den Flieger für ein Meeting von ein paar Stunden. Und wenn es mal sein muss, versuche ich, wo es nur geht, mit dem Zug zu reisen. Warum kann ich also nicht Urlaub bei Freunden ums Eck machen? Warum muss es die große weite Welt sein? 

Auf diese Frage gibt es jetzt natürlich tausend gute und schlechte Antworten und wenn wir das wirklich diskutieren, bräuchten wir vermutlich Tage. Fakt ist aber, ich denke ich sollte langsam auch in Richtung Flugreisen umdenken. 

Und ja, ich weiß. Es wird mühsam. Aber es war auch beim Auto kurz schwer und jetzt fahren viele lieber mit der U-Bahn als fluchend im Stau zu stehen. Auch die öffentlichen Verkehrsnetze werden immer weiter ausgebaut und Auto fahren immer weniger attraktiv in der Stadt.

Mein Deal mit mir selber

Wie auch immer, ich habe mir jetzt für mich beschlossen, sch* auf Flight Bashing und Flight Shaming.

Ab sofort reduziere ich mein Reisefieber auf nur eine Flugreise pro Jahr. Damit kann ich mein Fernweh stillen und gleichzeitig meiner Tochter die Welt zeigen. Und neben dem besseren Gewissen, lerne ich jetzt so vielleichte Flecken dieser Erde (in der Nähe) kennen, die ich sonst nie gesehen hätte, oder maximal von oben. 

Zumindest habe ich es vor. Mal sehen, ob ich nach der Winterdepression auch noch so begeistert von meinem Deal mit mir selber bin. Aber ich schaff das. Und vielleicht springe ich sogar irgendwann mal in die Transsibirische Eisenbahn und wage das Abenteuer. Ich hab schon viel davon gehört und so kann man die Reise selber zum Abenteuer machen. Und entschleunigen soll es auch. Sehr sogar.