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Interview mit Johannes Gutmann, Sonnentor

Beitrag von unserer Bloggerin Petra Nemec

Johannes Gutmann ist gebürtiger Waldviertler, tief mit der Region verwurzelt und hat die Firma SONNENTOR Kräuterhandels GmbH im Jahr 1988 mit nur 23 Jahren gegründet.

Interview mit Hannes Gutmann, Gründer von Sonnentor
Interview mit Hannes Gutmann, Gründer von Sonnentor

Johannes Gutmann ist gebürtiger Waldviertler, tief mit der Region verwurzelt und hat die Firma SONNENTOR Kräuterhandels GmbH im Jahr 1988 mit nur 23 Jahren gegründet. Das Unternehmen produziert und vertreibt v.a. Bio-Tees und Bio-Gewürze weltweit. Aufgrund der räumlichen Nähe führte das Interview diesmal meine Kollegin Petra Nemec. Johannes Gutmann sprach dabei über die Entstehungsgeschichte seines Unternehmens, seine wichtigsten Ziele und Vorhaben für die nächsten Jahre und seine persönliche Einstellung zur gelebten Nachhaltigkeit.

Du hast 1988 als 23-Jähriger die Firma SONNENTOR gegründet um die biologisch produzierten Kräuter der Region (des Waldviertels) zu vermarkten. Du konntest damals noch nicht viele Personen in deinem Umfeld von dieser Idee überzeugen. Was war Deine Hauptmotivation es trotzdem zu probieren und Deine Idee umzusetzen?

Johannes Gutmann: Ich habe damals gespürt ich bin alt genug und habe in meinen Vorarbeiten erkannt, was ich nicht will. Dann habe ich sehr schnell gemerkt, was ich will und habe Menschen kennen gelernt (speziell Anbauer) die tolle Ideen aber keine Zeit zur Vermarktung dieser hatten. Wenn man arbeitslos ist, dann hat man Zeit und so habe ich deren Krise des mangelnden Absatzes und meine Krise der Arbeitslosigkeit zu meiner Chance gemacht und an dieser gearbeitet. Ich dachte mir, wenn es für dich selbst gut passt, den Partnern Spaß macht, du auch in der Umwelt nichts zerstörst oder kaputt machst und du daraus mehr machen kannst, dann hast du es geschafft. Zwar ist der Erfolg nicht schnell, aber langfristig relativ sicher.

Was veranlasste Dich von dieser ursprünglichen Idee der Vermarktung der regional produzierten Produkte etwas abzuweichen und auch Waren, die in teils sehr fernen Ländern wie z.B. Tansania produziert werden in das Sortiment aufzunehmen?

Das waren für mich auch so Anfangsüberlegungen: Wie stelle ich es denn an? Mit welchen Produkten starte ich? – Gestartet habe ich natürlich mit dem was rund um das Haus wächst und was von den ersten drei Gründungsbauern kam. Nur es ging dann schnell in die Ausweitung, weil der Konsument dann mehr wollte. Zimt, Pfeffer und Paprika wachsen zwar nicht bei uns, wurde aber auch von mir gewünscht, weil sie wussten, dass sie sich auf mich verlassen konnten. So habe ich mir gedacht, dass die Sonne ja auf der ganzen Welt scheint und ich wollte mich nicht beschränken, sondern weltweit agieren. Nicht weil ich aus Gier weltweit verkaufen musste, sondern ich war neugierig und wollte immer neue Menschen kennen lernen. Ich merkte dann schnell, dass es den Menschen in Tansania, Nicaragua und überall wo wir hingekommen sind, genauso geht wie denen bei uns im Waldviertel. Wenn man niemanden hat, der bei der Vermarktung hilft, dann ist es  – auch wenn du die besten Sachen hast – unter dem Strich nichts wert.  Ich habe überall wo ich hingekommen bin das Waldviertel wieder entdeckt und gemerkt es ist überall auf der Welt gleich.

Nur etwa 30 % der Sonnentor-Produkte werden in Österreich verkauft. Die restlichen rund 70 % werden in Nachbarländern, aber auch bis nach Japan, Australien und Neuseeland exportiert. Wodurch, glaubst Du, war dieser internationale Erfolg möglich?

Mittlerweile haben wir in Österreich aufgrund der sehr guten langfristigen Franchise Vertriebsaktivitäten aufgeholt und rund 34 % Absatz in Österreich. D. h. rund 2/3 vom Absatz gehen in rund 50 andere Länder und alles wächst kontinuierlich und stark.

Die Internationalen Absätze sind so entstanden, dass ich das Glück hatte bei einer international renommierten Messe auszustellen und ich war als einer der ersten Aussteller bei der Biofachmesse 1990. Dabei erkannte ich, dass es nicht nur ein kurzfristiger Hype ist, sondern langfristig ein Trend zu erwarten ist. Bio wurde anfangs kritisch beäugt, aber dann mit den Lebensmittelskandalen in der konventionellen Landwirtschaft und Lebensmittelwirtschaft haben sich viele Leute abgekehrt und etwas anderes gesucht. Das war das Schöne für uns und wir haben gemerkt, es ist auch international und langfristig eine tolle Perspektive.

Kräuter wachsen auf der ganzen Welt relativ gleich. In einem Land mit mehr Wasser, in dem anderen Land mit mehr Sonne und Wärme und im Waldviertel auf sehr gutem sandigen Boden und geerntet von fleißigen Händen und da habe ich gemerkt wir haben tolle Exportchancen.

In Japan gibt es beispielsweise ein hohes Traditionsbewusstsein bei der familiären Struktur und der Dankbarkeit an Vorfahren. Da passen unsere Werbematerialien, mit unseren – meist als erfahrene und ältere Menschen dargestellten – authentischen BäuerInnen optimal. Auch mit der Kleinteiligkeit und der Handarbeit bei unseren Produkten konnten wir neue Märkte mit kleinen Mengen beginnen zu entwickeln. Wir haben bei unseren Vertragspartnern pro Auftrag und Belieferung nur mind. 150 Stk. pro Sorte, anstatt 5.000 Stk. angeboten und da haben viele begonnen nachzudenken und wir sind einzigartig geworden.

Somit haben wir uns keinem Mengen- und Preisdruck unterwerfen müssen und können so unseren internationalen Vertriebspartnern eine gute, stabile Preisstruktur bieten. Das ist uns sehr gut gelungen. Außerdem konnten wir Arbeitsplätze im Waldviertel schaffen und etwa 900 Arbeitsplätze direkt und indirekt sichern. Wir sind da geblieben, sind ein Pionierunternehmen und betreiben Regionalentwicklung und sind so auch immer wieder zu einem Vorbild für kleine Unternehmen geworden.

Interview mit Hannes Gutmann, Gründer von Sonnentor
Interview mit Hannes Gutmann, Gründer von Sonnentor

Du konntest mit der Marke SONNENTOR in den letzten fast schon 30 Jahren eine unglaubliche Erfolgsgeschichte schreiben. Mit rund 300 MitarbeiterInnen am Standort Sprögnitz, ca. 180 Vertrags-Biobäuerinnen und –bauern und Exporten in über 50 Ländern hast Du bereits viel erreicht. Welche Ziele hast Du dir für die nächsten Jahre gesetzt bzw. wo siehst Du das Unternehmen SONNENTOR vielleicht in 10 Jahren?

Ganz genau haben wir seit 1. August 303 MitarbeiterInnen am Standort Sprögnitz.

Unsere Reise wird dorthin gehen, wo sich der Trend hinbewegt. Bio ist aus der Nische herausgetreten und zum langfristigen Qualitätstrend geworden, d.h. wir werden kontinuierlich und sicher in dieser bewährten und erfolgreichen Weise weiter gehen. Wir werden den Trend innovativ begleiten – starke Vertriebsaktivitäten innerhalb des Franchise Konzeptes weiter tragen, hier im Dorf den einen oder anderen Bauernhof mit dazu übernehmen, das Dorf mit Leben erfüllen und die Region weiter stärken. Wir wollen zusammenbrechenden Strukturen entgegen wirken und weiter mit unserem Konzept der Handarbeitsschritte neue internationale Kunden begeistern, denn der Markt ist da.

Die nächsten 30 Jahre wird sich in Österreich der Bio-Markt auf ca. 30% des gesamten Absatzes entwickeln, jetzt sind wir bei rund 8%. Also grob hochgerechnet wären wir in 10 Jahren bei ca. 15% angelangt, das wäre eine Verdopplung. Wir wollen weiterhin diesen wachsenden Markt gut bedienen und kontinuierlich und mit Sicherheit unseren Weg weitergehen.

Das neueste Projekt ist ein Bio-Bauernhof. Wie ist diese Idee entstanden?

Die Idee stammt aus den eigenen Reihen und ist eigentlich auch schon im Zuge des eigenen Bio-Gasthauses Leibspeis und der Errichtung eines Betriebskindergartens angedacht worden. Da kam der Gedanke den benachbarten Bauernhof als Bio-Bauernhof zu errichten, denn dieser Hof stand fast leer und wurde nur gelegentlich bewohnt und so haben wir mit dem Besitzer über eine Verpachtung gesprochen. Wir wollen damit beweisen, dass ein kleinstrukturierter Bio-Bauernhof mit biologischen Abläufen und Permakultur bzw. geschlossenen Kreisläufen wirtschaftlich ist (in etwa 3-4 Jahren soll das erreicht sein) und eine Lebensgrundlage darstellt, ganz unabhängig von landwirtschaftlichen Förderungen.

Damit liegt noch viel Arbeit vor Dir. Es ist vielleicht noch etwas früh darüber nachzudenken, aber ein so engagierter, motivierter und umtriebiger Mann wie Du es bist – kannst Du dir vorstellen jemals in Pension zu gehen?

Ich habe es mit meiner Familie, meinen 3 kleinen Kindern und meiner lieben Frau Edith, geschafft und mich vor 4-5 Jahren vom Tagesgeschäft herausgezogen und damit meine Lebensqualität zurückbekommen. In einer normalen Arbeitswoche komme ich nicht über 35 Stunden, früher waren es manchmal bis zu 60 Stunden. Es liegt aber immer an der Organisation und wir haben eine Vertrauensorganisation wo ich genau weiß, die MitarbeiterInnen brauchen mich nicht. Sie können mich gerne fragen, wenn sie das Gefühl haben sie müssen mich jetzt fragen. Aber im Prinzip geben sie mir die Antwort selbst, denn ich mache nichts anderes als zurückzufragen. Oder ich erzähle Ihnen Geschichten wie ich es früher gemacht habe und dann ziehen sie die richtigen Schlüsse daraus und tun es weiterhin selbst. Und darüber bin ich überglücklich.

In Pension zu gehen, darüber habe ich mir noch keine Gedanken gemacht. Mein Lebensziel war es immer mit 50 einen selbstlaufenden Betrieb zu haben und das habe ich geschafft, sogar schon mit 46/47. Ich bin aus dem Tagesgeschäft raus und ich habe Leute gefunden die hingreifen und gerne diese Verantwortung übernehmen.

An die Pension denke ich nicht, denn was erwartet mich da? Ich kenne viele Frühpensionisten und die sind nicht glücklich. Unsere Vision bei SONNENTOR ist bis ins hohe Alter mitzuarbeiten, gesund zu bleiben, gebraucht zu werden, am Bauernhof mitabzupacken und das Gefühl zu haben dabei zu sein. Deswegen habe ich von Anfang an die Abpackung per Hand auf Bauernhöfen initiiert und den Menschen gesagt, eure kleinste Arbeit ist genauso wichtig für uns wie große Dinge, denn große Dinge können nur entstehen, wenn kleine Dinge vorher passiert sind.“

Dein jahrelanges, konsequentes, soziales und ökologisches Engagement hat Dir bereits zahlreiche Preise eingebracht. Was bedeuten diese Auszeichnungen für Dich, den Familienvater Johannes Gutmann, persönlich?

Diese Auszeichnungen sind natürlich immer wieder eine schöne Bestätigung für unsere Arbeit, unser Denken und unsere langfristige Vision. Ich weiß aber auch, dass jeder Hype auf der Bühne nur kurzfristig ist: du stehst auf der Bühne, hast eine halbe Minute Sprechzeit zum Bedanken und Hervorstreichen aller die „mitgerudert“ haben und nach maximal drei Minuten auf der Bühne geht es ganz normal weiter. Und das ist das Allerwichtigste: am Boden bleiben, die Füße am Boden halten und den Weg Schritt für Schritt verfolgen, ohne abgehoben zu agieren und einfach weiterzuarbeiten.

In Deinem Unternehmen setzt Du auf Nachhaltigkeit (ausschließlich Bio-Produkte, Verpackungen aus nachhaltigen Rohstoffen, …). Wie versuchst Du dieses Thema auch in Deinem persönlichen, privaten Leben umzusetzen? Welche Maßnahmen setzt Du hier?

Zuerst muss man es immer selber machen, dann kann man diese Erfahrungen weitergeben. Wenn ich alles nur künstlich aufsetze und sage, dass sollen andere tun, dann ist es nicht selbst gewollt und nicht authentisch. Wenn ich Selbstvertrauen habe und es selbst tue, dann weiß ich welche Konsequenzen es hat und kann es vorleben. D.h. wenn ich von einer Bio-Unterhose rede, dann habe ich selber eine an. Wenn ich rede ich möchte erneuerbare Energien, dann muss ich die selber haben und da habe ich zuerst geschaut wie funktioniert das mit den alternativen Energieanbietern und habe dann als ich mich 1992 hier in Sprögnitz angesiedelt habe, bewusst auf Ökostrom und reine Wind- oder Sonnenenergie umgestellt.

Mittlerweile bieten alle großen Energieanbieter reinen Wasserstrom oder zertifizierte Energieformen an und da freue ich mich sehr. Weil Einer redet davon, Einer muss es tun und wenn es passt dann machen es Andere auch nach. Da gibt es auch einen bäuerlichen Spruch:  „Zuerst verlacht, dann bedacht und schließlich nachgemacht.“

Interview mit Hannes Gutmann, Gründer von Sonnentor
Interview mit Hannes Gutmann, Gründer von Sonnentor

Was würdest Du jemanden empfehlen, der gerne nachhaltiger leben möchte, aber noch nicht so recht weiß wo er anfangen soll? Welchen Tipp würdest Du ihm geben?

Leicht umsetz- bzw. änderbar ist das eigene tägliche Ernährungs- und Trinkverhalten: einerseits zu schauen was rund um das Haus wächst, was ich selbst anbauen kann. Andererseits sollten wir beim Einkauf auf das Etikett schauen und lesen woher das Produkt überhaupt kommt. Weiters muss man sich bewusst machen, welche Kreisläufe unterstützt werden und wo das Geld hinkommt?

Oder beim Haus: Mit welchen Baumaterialien umgebe ich mich und welchen Strom drehe ich auf? Das sind alles kleine Entscheidungen, die ich sofort ändern kann, wenn ich will. Das Schöne ist, es kommen immer mehr Menschen zu uns, die es toll finden was wir geleistet haben und selbst auch etwas begonnen haben. Das freut mich irrsinnig, weil sie sich bewusst geworden sind, dass sie selbst Verantwortung tragen, selbst agieren und ihren Kindern etwas anderes erzählen und vorleben können.

Wir haben bei uns, Facebook und Social Media vor 6 Jahren begonnen, weil MitarbeiterInnen zu mir gekommen sind und gemeint haben, das wäre super und das brauchen wir. Ich hatte keine Ahnung, aber ich habe es unterstützt, die notwendigen Mittel zur Verfügung gestellt weil es die Zukunft ist.

Jetzt sind drei Leute damit beschäftigt die Leute zu informieren, wie es anders und nachhaltiger gehen kann. Wir haben einen eigenen Food Blog und einen Nachhaltigkeitsblog, wo wir die Menschen abholen, wo sie sich bewegen und das ist die Zukunft.

Kurz nachgefragt:

  • Welche ist Deine Lieblingspflanze?
    Johanniskraut
  • Was war Dein bisher lustigster oder seltsamster Job?
    14 Tage Buchhalter
  • Mit welcher berühmten Persönlichkeit würdest Du dich gerne auf eine Tasse Tee treffen?
    Dalei Lama
  • Welche Telefonnummer in Deinem Verzeichnis ist die wichtigste?
    die meiner Frau
  • Wenn es die Zeit zulässt – was ist Deine liebste Freizeitbeschäftigung?
    Rad fahren und mit meinen Kindern spielen
  • Welche Jahreszeit ist Dir die liebste?
    Da gibt es keine Präferenzen, jede Jahreszeit hat was für sich
  • Wo würdest Du leben, wenn es das Waldviertel nicht geben würde?
    Südböhmen
  • Wie viele Tassen Tee trinkst Du pro Tag und welche Sorte ist Deine Lieblingssorte?
    mindestens 2-5 Tassen (im Winter mehr wärmende Sorte wie Ingwer Sonne und im Sommer Gute Laune Tee oder Glückstee)
  • Du bist schon viel in der Welt herum gekommen und hast viele Menschen kennen gelernt. Was war die spannendste Begegnung, die Du dabei hattest?
    Bekanntschaft mit Industriellem Allesandro Benetton, Modegeschäfteinhaber aus Italien
  • Wir suchen gerade die nachhaltigen Lieblingsplatz´l unserer Userinnen und User. Verratest Du uns Deinen Platz, wo Du Kraft tanken und dich erholen kannst?
    In meinem Bauerngart´l zu Hause

Vielen Dank für das Interview.