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Interview mit Thomas Weber, Biorama

Beitrag von unserer Bloggerin Luise Steininger

Im Interview plaudert der vielfältige und wissbegierige Experte u.a. über seine persönlichen Beweggründe nachhaltig zu leben.

Interview mit Thomas Weber
Interview mit Thomas Weber

Thomas Weber ist Herausgeber, Buchautor, Studienabbrecher, Journalist, Diskutant, Firmengründer, Familienvater – diese Liste ließe sich wohl noch weiter fortsetzen. Im Interview plaudert der vielfältige und wissbegierige Experte u.a. über seine persönlichen Beweggründe nachhaltig zu leben.

Sie sind Herausgeber von zwei sehr unterschiedlichen Magazinen. Einerseits The Gap, ein Magazin, das sich mit Musik und allen möglichen Variationen von Kunst beschäftigt und andererseits Biorama, ein Nachhaltigkeitsmagazin mit Infos und Tipps zu einem umweltbewussten Lebensstil. Was ist das Verbindende dieser beiden Zeitschriften? Oder ist es gerade der Unterschied, der den Reiz Ihrer Arbeit ausmacht?

Thomas Weber: Für mich selbst sind die beiden Magazine überhaupt kein Widerspruch. In The Gap geht es um das kreative Umfeld, wie z.B. Kultur, Kreativwirtschaft, Arbeitswelt und Design. Beim Biorama geht’s um einen nachhaltigen Lebensstil in einem ganzheitlichen – aber, und das ist uns wichtig, einen unesoterischen Sinn. Wir beschäftigen uns z.B. mit dem Thema Ernährung. Kein Mensch lebt nur ein kulturelles Leben und keiner ernährt sich nur – und dadurch ist das für mich ein schlüssiges Miteinander.

Sie sagen von sich selbst, dass Sie nicht immer auf einen nachhaltigen Lebensstil bedacht waren.  Was hat bei Ihnen sozusagen den „Schalter umgelegt“ und war damit der Beginn für einen nachhaltigen Lebensstil?

Einen Schalter umlegen trifft das Bild nicht ganz. Es war kein Licht ein – Licht aus, sondern eher ein Dimmen, ein heller werden, wenn man auch das Bild der Aufklärung noch mitdenken mag. Ich glaube, dass ich für Nachhaltigkeit schon immer sehr empfänglich war – noch lange bevor es den Begriff Nachhaltigkeit in meinem Wortschatz gegeben hat – weil ich sehr naturverbunden aufgewachsen bin. Ich bin zwar in Wien geboren, aber in NÖ aufgewachsen und ich habe sehr viel Zeit auf den Bauernhöfen meiner Omas im Waldviertel verbracht. Gleichzeitig war ich aus voller Überzeugung bei den Pfadfindern; eine sehr prägende Zeit, die nicht nur mit meinem  Freundeskreis zu tun hat, sondern auch einen bewussten, wahrnehmenden Umgang mit der Natur betrifft. Wenn man abschließend doch noch zum Bild des Schalterumlegens zurückkommt, dann waren das sicher meine Kinder. Kinder sind ein markanter Einschnitt im Leben. Ich habe mich sehr darauf gefreut und es wird einem unmittelbar bewusst, dass man nicht nur für sich selbst verantwortlich ist.

Viele Menschen sind sich bewusst, dass ihr derzeitiges Leben nicht ökologisch einwandfrei ist. Sie möchten ihr Konsumverhalten ändern – nachhaltiger gestalten und scheitern dann doch an der Umsetzung. Sie bieten in Ihren beiden Büchern „ Ein guter Tag hat 100 Punkte“ und „100 Punkte Tag für Tag“, Infos & Handlungsmöglichkeiten an – ohne erhobenen Zeigefinger und ohne belehrend zu wirken. Ist es das, was den Erfolg ihrer Bücher ausmacht?

Da spielt eine Vielzahl von Faktoren zusammen, dass die Bücher so gut ankommen. Als jemand der in der Medienwelt ist, weiß ich, dass alleine das Design viel ausmacht – dass die Bücher sehr schön gestaltet sind, ist das Um und Auf. Gleichzeitig ist es so, dass ich mich bemüht habe, dass meine Bücher auch Spaß machen zu lesen und nicht langweilig sind. Ich glaube, dass manche Ideen bei vielen Menschen verblüffende Überraschungsmomente erzeugen. Ich wollte kein Buch schreiben, das einem bei der Lektüre vermittelt, dass das jetzt Arbeit ist. Ohne Unterhaltungsaspekt kann so etwas nicht erfolgreich sein. Außerdem bietet es für viele unterschiedliche Lebensbereiche etwas. Viel mehr, außer Impulse zu setzen, dass sich Leute mit Dingen auseinandersetzten, die sie vielleicht anders sehen, kann man als Autor gar nicht tun.

Gleichzeitig ist es so, dass Menschen, die ein gutes Leben im ethischen Sinn und für sich selbst führen wollen, in den wenigsten Fällen in der so luxuriösen Situation sind wie ich, dass sie sich beruflich mit diesen komplexen vielfältigen Themen beschäftigen können. Beim ersten Buch habe ich mir gedacht, dass die Leute das vielleicht eh schon alles wissen und banal finden, aber das Gegenteil war der Fall. Ich hatte die ernüchternde Erkenntnis, dass viele Menschen in einzelnen Bereichen ganz viel Expertise haben aber dafür in anderen Lebensbereichen das Wissen sehr oberflächlich ist.

Mein Anspruch war und ist es Leute zu erreichen und Bücher zu schreiben, die sich auch verkaufen – sonst könnte ich ja auch im privaten Kreis davon erzählen.

Interview mit Thomas Weber
Interview mit Thomas Weber

Interview mit Thomas Weber

Sie sprechen sich bewusst gegen Veganismus aus, da wir Menschen Gras nicht verdauen können und ohne Viehwirtschaft unsere Kulturlandschaft sich stark verändern würde. Sie gehen sogar so weit zu empfehlen, dass wir alte bedrohte Nutztierrassen essen sollen, um diese am Leben zu erhalten. Welche Reaktionen bekommen Sie auf dieses Ansinnen?

Das ist je nach LeserIn bzw. Publikum ganz unterschiedlich. So steht man mit der Aussage „Schlachte ein Huhn“ in Oberstufen- oder Mittelschulklassen im urbanen Raum für die ersten Minuten gleich einmal wie ein Barbar dar. Hingegen war bei der BiobäuerInnentagung in Wels die Reaktion eher: „Ja, habe ich die Woche eh schon gemacht.“ Dort war es wiederrum fast eine Provokation den Leuten zu sagen, sie sollen sich einmal einen Monat lang vegan ernähren. Ich erachte das übrigens wirklich als sinnvoll, weil ganz viele tierische Produkte und v.a. industrielle Intensivtierhaltungsprodukte in Lebensmitteln versteckt sind. Obwohl bei der Tagung in Wels sehr junge, sehr gebildete Bäuerinnen und Bauern waren, meinten diese, dass eine vegane Ernährung für sie nicht möglich wäre, weil sie dann keine Kraft hätten und vom Traktor fallen würden. Darüber möchte ich mich jetzt wirklich nicht lustig machen, aber man sieht wie unterschiedlich diese Lebenswelten sind. Einerseits empfinden es Leute, die ohne mit der Wimper zu zucken Fleisch essen und teilweise nicht einmal darauf achten was das für ein Fleisch ist, als grausam, wenn man sagt „Schlachte ein Huhn“ – was natürlich absurd ist. Während selbst Biobauern, die eine halbe Stunde davor noch erzählt haben, dass sie jetzt Bio-Soja anbauen und damit ganz klar von einem Trend zum Veganismus profitieren, oft keine Ahnung haben, dass ein veganer Lebensstil mittlerweile ohne Kasteiung möglich ist.

Wenn man den Anspruch hat durch seinen Lebensstil Dinge und Umstände zu verbessern, dann halte ich Veganismus für eine zu einfache Antwort auf eine komplexe Fragestellung. Es ist klar, dass wir alle viel zu viel Fleisch und tierische Produkte zu uns nehmen – ich fände es nur trotzdem besser, wenn alle, die sich vegan ernähren ganz maßvoll bestes Bio- vielleicht sogar Demeter-Fleisch essen würden. Ich glaube, es wäre ökologisch besser, weil Produkte, die als vegan und oft auch als besser kommuniziert werden, in den seltensten Fällen auch besser sind.

Vielleicht ein Beispiel: Ein großer heimischer Schnittenhersteller – ein sehr sympathisches Unternehmen – verarbeitet in den Schnitten Palmöl. Das ist nicht nur nicht notwendig, sondern aus ökologischer Sicht, die derzeit vermutlich schlimmste Zutat in einem Lebensmittel und trotzdem glauben manche VeganerInnen, dass sie ein „besseres“ Produkt essen, weil es eben vegan ist – und das stell ich sehr stark in Frage.

Was sind ihre persönlichen Ziele für die nächsten Jahre? Wird es weitere Bücher geben?

Ja, es wird weitere Bücher geben – ich selbst schreibe zwar momentan an keinem, aber ich werde im nächsten Frühjahr im Residenzverlag die ersten drei Bücher einer Buchreihe zum Thema Nachhaltigkeit vorstellen. Mehr möchte ich dazu noch nicht verraten.

Beruflich ist es mein Ziel unser Medienhaus stärker zu verankern und das Biorama weiter auszubauen.

Auf der persönlichen Ebene ist mein Anspruch das Wissen, dass man sich aneignet auch weiterzugeben – sowohl im privaten Bereich an meine Kinder – als auch journalistisch, also im Job. Ja und ein bisschen einen Anspruch habe ich auch mich in den Lebensbereichen, wo ich den eigenen Ansprüchen noch nicht ganz gerecht werde, noch zu verbessern. Ein Ziel wäre auch ein Stück weit unabhängiger zu werden. Ein ganz banales Beispiel: ich bin jetzt kein Weltuntergangsapologet – ganz im Gegenteil, aber ich habe, weil es auch so ein wunder Punkt bei mir ist, die Gasheizung in meiner Wohnung um einen Holzofen ergänzt – sowohl aus Kostengründen als auch aus Nachhaltigkeitsgründen.

Ihr Tipp „Lebe intensiver, arbeite weniger“ hat mich in Anbetracht Ihrer vielen Aktivitäten – Sie sind nicht nur als Herausgeber, Buchautor, sondern auch Mitbegründer der Werbeagentur Yool Österreich (ehemals Mountain Mill) – doch sehr beeindruckt. Und führt mich zur Frage: Wie leicht fällt es Ihnen im Alltag „intensiver zu leben und weniger zu arbeiten“?

Ja, das ist tatsächlich die Frage. In den Zeiten wo ich meine Bücher geschrieben habe, konnte ich den Anspruch weniger zu arbeiten definitiv nicht erfüllen. Ich habe ja die Bücher neben meiner Arbeit an Abenden und Wochenenden geschrieben. Allerdings hat diese Zeit den Anspruch intensiv zu leben sehr wohl erfüllt. Intensiv leben muss ja auch nicht immer weniger arbeiten bedeuten, aber ich finde beide Ansprüche wichtig. Was mich nicht interessiert, ist die wenige Zeit, die wir alle haben, nur mit dem Gedanken an Karriere oder Geld zu vergeuden. Ich habe auch im Umfeld viele Freunde, denen das sehr wichtig ist – aber das ist überhaupt nicht mein Antrieb. Das ist mir tatsächlich wirklich egal. Vielleicht ein Beispiel: bei uns im Unternehmen sind bis auf zwei Gesellschafter mittlerweile alle Väter und wir haben uns das so gerichtet, dass neben der vielen Arbeit auch genug Zeit für Familie, Familienleben und v.a. für die Kinder sein muss.

Weniger zu arbeiten ist wenn man selbstständig ist natürlich leichter als wenn man irgendwo angestellt ist. Vor allem auch wenn man den Anspruch hat, in der Pension nicht nur am Existenzminimum dahin zu schrammen. Weniger zu arbeiten bedeutet ja automatisch irgendwann einmal ganz wenig Pension zu haben, falls wir überhaupt noch eine bekommen. Bei dem Kapitel geht’s mir aber schon auch um den Versuch eine Utopie zu beschreiben, die manche derzeit sicher nicht realisieren können – allerdings viele sehr wohl. Für Selbstständige bedeutet das natürlich auch, dass Beruf und Privatleben verschwimmen, aber das muss jetzt nichts Schlechtes sein. Über den Großteil der Menschheitsgeschichte war das nicht getrennt. Freizeit ist eine relativ neue Erfindung. Und wenn man mit Bäuerinnen und Bauern spricht – die führen zwar manchmal mittlerweile auch ein recht konventionelles Leben – aber die, die noch zumindest ansatzweise dem Bild das viele im Kopf haben entsprechen – für die ist Beruf und Privatleben auch nicht getrennt. In den allermeisten Familienbetrieben ist es wohl ganz ähnlich – auch weit von der Landwirtschaft entfernt.

In Ihren Büchern schreiben Sie alle Tipps sind gleichwertig und die LeserInnen können die Kapitel in beliebiger Reihenfolge lesen. Wo fällt es Ihnen persönlich besonders leicht nachhaltig zu leben? Was erleben Sie dabei als eher herausfordernd? Wie können wir uns auch den Spaß und die Lust aufrechterhalten?

Die herausfordernden Bereiche sind für mich definitiv Mobilität und Heizen.

Leicht ist der Bereich Ernährung, weil ich mittlerweile doch gar nicht so wenig selbst anbaue und mir bei Produzentinnen und Produzenten hochwertige Bio-Lebensmittel zu wirklich leistbaren Preisen besorge. Fleisch ist für mich in den meisten Fällen wirklich ein Luxusgut, das ich mir hin und wieder gönne – dann aber mit voller Überzeugung und gutem Gewissen. Ich würde gerne mehr selber kochen, aber das ist im Alltag schwierig.

Leicht geht’s eigentlich auch bei den Themen Kleidung und Technik. Ich bin hier sicher unterdurchschnittlich was den Ressourcenverbrauch betrifft, denn ich muss nicht immer die neueste Technik haben und bei Kleidung und Mode erfülle ich alle männlichen Klischees – da kaufe ich sehr effizient und in hoher Qualität ein und wenn mir etwas gefällt, dann gerne auch gleich einmal drei Stück, weil ich froh bin, dass ich dann wieder nicht einkaufen gehen muss.

Das sind alles kleine Maßnahmen, die keinen wahnsinnig großen positiven Effekt haben, aber in Summe macht es einen Unterschied. Ich habe mir auch zum Beispiel wieder angewöhnt immer eine Wasserflasche mitzunehmen – das spart nicht nur unglaublich viel Müll, sondern wahrscheinlich auch ein paar Hundert Euro im Jahr. Wir haben in weiten Teilen Österreichs wirklich gutes Wasser – es ist eigentlich dumm ein synthetisch mit Melone aromatisiertes stilles Mineralwasser zu kaufen. Es ist für mich überhaupt keine Entbehrung – ich empfinde das als Genuss. Ich habe eine 1-Liter-Thermoflasche, die das Wasser, selbst im Sommer, wenn ich sie im Auto liegen lasse, kalt hält. Ich finde es einen großen Genuss Wasser zu haben, dass weder zu warm ist, noch nur 5°C hat, wie wenn man es bei einer Tankstelle kauft, sodass man das Gefühl hat man verkühlt sich gleich.

Möchten Sie unseren LeserInnen noch irgendeinen Tipp mitgeben, auf deren Weg zu einem nachhaltigen Lebensstil?

Wichtig ist sich einerseits nicht von der Komplexität vieler Dinge abschrecken zu lassen und deswegen zu kapitulieren. Gleichzeitig sollen wir uns aber auch nicht zu sehr auf die Werbung und den gesunden Menschenverstand verlassen, weil manche Dinge tatsächlich weit komplexer sind. Für mich ist das Thema Regionalität so ein Beispiel, wo viele Leute überzeugt sind, dass regionale Produkte automatisch besser sind. Das stimmt aber eben nicht, weil regional nicht definiert ist. Ich wohne im Marchfeld – dort sind die regionalen Lebensmittel aus ökologischer Sicht wahrscheinlich die schlechtesten, weil es dort Intensivlandwirtschaft ist und die Erntehelfer aus Osteuropa sind. Alleine dieser gravierende Anteil am Arbeits- und Ernteprozess ist damit schon automatisch nicht regional. Und genau dasselbe gilt bei tierischen Produkten. Wenn Soja aus Brasilien verfüttert wird, dann ist das kein regionales Produkt mehr, selbst, wenn das Tier vielleicht im Mostviertel auf der Weide steht. Als Faustregel kann man sagen: Bio ist im Zweifel einfach besser.

Kurz nachgefragt:

Welches Buch lesen Sie gerade?

Ich lese tatsächlich immer mehrere Bücher gleichzeitig: Gerade jetzt im Jubiläumsjahr lese ich Don Quijote von Cervantes –  tatsächlich schon im dritten Anlauf und diesmal habe ich mir vorgenommen es durchzuziehen. Mich hat schon als Kind die schwer entschärfte Zeichentrickserie fasziniert und als jemand der zwar Literatur und Germanistik nicht fertig studiert hat, aber sehr literaturinteressiert ist, ist das ein faszinierendes Buch.
Dann lese ich gerade einen literarischer Band über Siebenbürgen – von einem Leipziger Uni-Professor, der ein Jahr als Gastschreiber in Katzendorf in Siebenbürgen war. Da finde ich es sehr faszinierend, dass die dort 800 Jahre andauernde deutsche Kultur in den letzten Jahrzehnten und v.a. seit der Revolution in Rumänien so schnell verschwunden ist, dass sich ganze Landstriche gravierend verändert haben.
Und ich lese gerade die Neue Rundschau – eine literarisch – kulturwissenschaftliche Zeitschrift, die ich regelmäßig lese und sehr schätze.

Was war Ihr bisher lustigster oder seltsamster Job?
Ich würde es nicht Job nennen, aber es war eine Aufgabe um Geld zu beschaffen. Ich war noch nicht volljährig und habe auf dem Sommerfest meiner Pfadfindergruppe in Strasshof in NÖ Blumenzwiebel verkauft. Wir haben von einer regionalen Gärtnerei Tulpen- oder Gladiolenzwiebel gespendet bekommen und ich habe mich hingesetzt, die in Sackerl gefüllt und bis auf ein paar Kilo, die wir zum Schluss verschenkt haben, alle binnen weniger Stunden verkauft. Das war schräg, aber es war auch eine interessante Erfahrung, weil ich dadurch gemerkt habe, dass mir Verkaufen Spaß macht.

Wer oder was hat Ihren beruflichen Werdegang am meisten geprägt?
Das war wahrscheinlich eine Vielzahl an Menschen. Ich bin überzeugt, dass mich meine Schulzeit am Gymnasium sehr geprägt hat – ich hatte wirklich tolle LehrerInnen, die mich für vieles interessiert haben. Dann haben mich natürlich meine Eltern massiv geprägt – mit ihrer Offenheit und Toleranz – auch was Dinge betrifft, die sie vielleicht nicht nachvollziehen konnten. Ich durfte immer alles, was zumindest nicht schädlich war, probieren. Auch meine Zeit im News-Verlag war sehr prägsam. Ich habe da sehr viele positive Bekanntschaften und Freundschaften geschlossen, aber manchmal auch etwas gesehen, wie man es aus meiner Sicht besser nicht machen sollte. Ja und wahrscheinlich war auch das Leben an der Schwelle – an der Peripherie – zwischen Stadt und Land sehr prägsam. Ich sehe mich auch ein bisschen als Vermittler. Mich stört die Überheblichkeit, die manche StädterInnen gegenüber Landmenschen haben extrem – das kann ich überhaupt nicht nachvollziehen, dass manche glauben, die am Land sind alle Trotteln und haben keine Ahnung.

Welche Telefonnummer in Ihrem Verzeichnis ist die wichtigste?
Es gibt bei meinem Handy drei Nummern mit Herzsymbol: das sind meine Eltern, meine Freundin und mein Bruder. Und jetzt kommt eine vierte dazu, denn mein Sohn hat zum Abschluss der Volksschule ein Handy bekommen – ein altes Handy seiner Mutter.

Zu welchem Artikel im Biorama haben Sie eine ungewöhnliche, überraschende Rückmeldung bekommen?
Ein Artikel, auf den es nach wie vor noch immer viele Rückmeldungen gibt, ist ein von mir selbst geschriebener: „Schlechter als sein Ruf – die Wiener Kaffeehauskultur“. Anhand von vielen Beispielen beschreibe ich darin, dass die Wiener Kaffeehauskultur eine KaffeeHAUSkultur ist – eine altehrwürdige und touristisch vermarktete Tradition, die den Anschluss an die Gegenwart und heutige Qualitätsansprüche verloren hat. Darüber waren viele LeserInnen entsetzt.

Das zweite ist ein Biorama Schwerpunkt zum Thema Jagd, den Thomas Stollenwerk, unser jetziger Chefredakteur bei Biorama kuratiert hat, als er noch nicht Chefredakteur war. Wir haben darin einen sehr differenzierten und sehr kritischen, aber nicht kategorisch ablehnenden Zugang zum Thema Jagd propagiert. Und wir haben sehr viel positives Feedback bekommen – sowohl von JägerInnen als auch von sehr jagdkritischen Menschen.

Gibt es ein „heißes“ Thema für Ihre Magazine, das noch darauf wartet, geschrieben zu werden?
Es gibt eine Vielzahl an Themen die mich reizen – ich bin generell ein sehr neugieriger Mensch. Derzeit arbeiten wir an einigen großen Themen – die Schwerpunkte unserer nächsten Biorama-Print-Ausgaben. Es wird z.B. einen sehr umfangreichen Schwerpunkt zum Thema Halāl  geben.

Zwetschken oder Weintrauben?
Wenn es um direkt von der Pflanze geht, dann Weintrauben … wenn es um Saft geht, dann roter Traubensaft mit Soda … und Zwetschkenknödel.

Welche Talente, Fähigkeiten und Fertigkeiten hätten Sie gerne?
Ich würde gerne richtig gut fotografieren können  …  weil ich natürlich weiß, dass sich Inhalte zuvorderst über Bilder und Zeichen kommunizieren lassen … und weil ich einfach das Gefühl habe, dass wenn ich journalistisch arbeite und auch noch selber gut fotografieren könnte, dann müsste ich mich dabei nicht immer auf jemand anderen Blick verlassen, sondern könnte die Geschichte zu tiefst so erzählen wie ich sie sehe. So mache ich das auf der schreiberischen Ebene, die für ganz viele Menschen die sekundäre Ebene der Wahrnehmung ist. Also fotografieren – das wär‘s.

Das Fleisch welcher alten Nutztierrasse möchten Sie unseren LeserInnen ans Herz legen?
Waldviertler Blondvieh

Welche 3 Dinge würden Sie auf eine einsame Insel mitnehmen?
Wenn ich sagen würde, dass ich Freundin und Kinder mitnehmen würde, wär‘s keine einsame Insel, oder?

Mein Messer, etwas zum Schreiben und eine Kuh … man muss überlegen, was menschliche Zivilisation ermöglicht – also im Idealfall eigentlich eine trächtige Kuh. Die Menschheit hat sich ja sehr von Nutztieren entfremdet, aber die Kuh und das Rind sind die Grundlage unserer Zivilisation.

Herzlichen Dank für das Interview!