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Partnerinnen & Partner

Fragen an Mag. Sophie Wirth, Fitico Sportswear

Beitrag von unserer Bloggerin Daniela Capano

Die Sportkleidung wird aus Econyl® gemacht, einem Recycling-Nylongarn, das aus alten Fischernetzen gewonnen wird.

Mag. Sophie Wirth im Sportoutfit vor einer Graffiti Mauer
Interview mit Mag. Sophie Wirth, Fitico Sportswear

Ein weiteres Startup in unserer Serie ist Fitico Sportswear. Die Sportkleidung wird aus Econyl® gemacht, einem Recycling-Nylongarn, das aus alten Fischernetzen gewonnen wird. Dazu werden ausgediente Fischernetze gesammelt und zu dem/einen schnelltrocknenden und atmungsaktiven Stoff upgecycelt.

Seit 2016 werden Designs und Muster von Gründerin Sophie Wirth und ihrem Team, bestehend aus Designerin Michaela Pfisterer und Marketingexpertin Melanie Mandl, in Wien entworfen. Entwickelt wurde Econyl®  in Italien, die Recyclinganlage steht in Slowenien, genäht wird die stylische Sportmode in Portugal – sozusagen ein gänzlich europäisches Produkt. Das ist in der Sportbekleidungsbranche eher unüblich.

Frau Wirth, Sie haben Wirtschaft studiert und im Umwelttechnikbereich gearbeitet, Sie kommen also nicht geradlinig aus bzw. zur Modebranche. Warum mussten es gerade alte Fischernetze sein, die Sie inspiriert haben Sportbekleidung zu produzieren? Wie kommen Sie zu den Netzen?

Mir sind die Verhältnisse, wie in der Modebranche produziert wird, schon länger aufgestoßen: der Chemikalieneinsatz, der regelmäßig die Flüsse in Südostasien mit den Farben der Saison einfärbt, wie die ArbeiterInnen entlohnt und behandelt werden etc. Man kann ja sagen, dass, im Sportbereich fast 90% der Kleidung dort gefertigt wird. Das war der Ausgangspunkt für mich, es anders zu machen, was Eigenes zu gründen, um die Welt aus eigenen Stücken ein bisschen besser zu machen.

Ich habe mich mit Michaela, unserer Designerin, auf die Suche nach einem Stoff gemacht, der unsere Anforderungen erfüllt. Ich bin selber begeisterte Freizeitsportlerin und mache viel CrossFit. Gerade Sportbekleidung muss eine hohe Funktionalität aufweisen. Auf einer Stoffmesse haben wir dann die für uns ideale Partnerfirma gefunden. Econyl®  produziert aus alten gebrauchten Fischernetzen ein hochqualitatives Garn, aus dem unsere unsere Sportstoffe gemacht werden. Die Netze stammen aus der ganzen Welt – vom Mittelmeer, Nordatlantik bis Indonesien und Bali. Sie werden von der Healthy Seas Initiative herausgefischt oder herausgetaucht, teilweise auch übergeben von den Fischern, die wissen, sie können es wo abgeben, wenn sie löchrig oder kaputt werden. Plastikmüll im Meer ist ja in aller Munde, aber dass die Fischernetze 40% davon ausmachen, wissen viele nicht. Die Fischernetze fangen auch weiteres Plastik im Meer ein. Das macht es besonders spannend, was wir tun, weil wir die Fischernetze nicht nur aus dem Meer entsorgen, sondern upcyclen und Kleidung daraus machen.

Die Sportmodebranche gilt nicht gerade als Vorbild für nachhaltige, ethische Produktionsweise. Sie haben die ausbeuterischen Verhältnissen gegenüber den ArbeiterInnen in Billiglohnländern und die Umweltbelastungen bei den Herstellungsprozessen der Stoffe und Kleidungsstücke schon angesprochen. Was genau machen Sie anders?

Es ist halt leider nicht möglich in Österreich zu produzieren, weil die Expertise nicht mehr da ist. Es gibt die Nähereiunternehmen nicht mehr, die mit Sportstoffen arbeiten können. Portugal hat sich dafür einen Namen gemacht und dort werden unsere Kleidungsstücke aus Öko-Tex zertifizierten Stoffen genäht. Da es in der EU ist haben wir auch die Möglichkeit, die Werkshallen jederzeit zu besuchen und uns mit den NäherInnen auszutauschen.

Der Preis ist natürlich unsere Challenge, die hat aber jedes soziale Unternehmen. Wir sind aber bereit, höhere Kosten in Kauf zu nehmen, um fair zu bleiben. Es gibt einfach einen wichtigeren Faktor als die Kosten und das ist die faire Produktion.  Wir wollen zeigen dass es möglich ist, Sportkleidung fair zu produzieren, auch wenn es schwieriger ist.

Sie produzieren derzeit noch wenige ausgewählte Sportbekleidungsstücke für Frauen. Wie können Sie als einheimisches Startup mit großen Unternehmen konkurrenzfähig sein? Was ist Ihr Vorteil? Mit welchen Innovationen können wir 2020 bei Ihnen rechnen?

Prinzipiell versuchen wir organisch zu wachsen, das heißt klein starten und langsam größer werden und mehr Produkte dazu nehmen – von der Anzahl aber auch von den Variationen. Wir wollen ja auch schauen, dass unsere Kollektion nicht mehr als nötig auf Lager liegt, um sie nicht irgendwann entsorgen zu müssen und Abfall zu produzieren.

Mit dem Preis können wir nicht mit den großen Sportbekleidungsunternehmen konkurrieren, wir können auch nicht bei der Vielfalt oder der Verfügbarkeit konkurrieren. Wir haben auch kein Geschäft auf der Mariahilferstraße in Wien. Uns findet man schwerer, aber wir sind aus Österreich, fair und nachhaltig.

Die Modebranche ist stagnierend, aber die Sportkleidung ist nach wie vor im Wachsen. Nachhaltige Mode ist auch im Wachsen und wird hoffentlich größer. Auf Kosten von Fast Fashion hoffentlich. Es ist wirklich schlimm, was kostengünstige, große Textilketten anrichten. Ich habe gelesen, dass in Köln in einer Filiale an einem Einkaufssamstag 45.000 Stück verkauft werden. Das ist einfach zu viel!

Für nächstes Jahr haben wir aufgrund der vielen Nachfrage auch eine Männerkollektion geplant. Und je nach Zeithorizont ist es natürlich unser Traum, das ethische Sportlabel Europas zu werden, irgendwann dann auf der ganzen Welt  .

Kurz nachgefragt?

  • Das beste Buch, das Sie zuletzt gelesen haben?
    Zwei Biografien: „Start Something That Matters“ von Blake Mycoskie, den Gründer von Toms Shoes und „Shoe Dog: A Memoir by the Creator of NIKE“ von Phil Knight.
  • In Ihrem Kühlschrank befindet sich immer…?
    Gemüse vom Biokistl.
  • Ihr liebstes Kleidungsstück?
    Unsere Oceanprint Leggings.
  • Eiskaffee gerührt oder mit Kugeln?
    Mit Kugeln, die kann man selber immer noch verrühren.
  • Nehmt mir alles, außer…?
    Meinen Optimismus.
  • Sie sind eine begeisterte Freizeitsportlerin: Was war Ihre größte sportliche Herausforderung?
    Die Dachsteinumrundung mit dem Mountainbike und mein erster CrossFit Wettkampf vor 2 Monaten.
  • Ihr Einkauf: Am Markt oder im Supermarkt?
    Supermarkt mit Augenmerk auf BIO und unverpackt. Markt gibt es keinen unmittelbar in meiner Nähe.
  • Welches Wort/ welchen Satz möchten Sie nie mehr hören?
    „Das geht nicht“ oder noch schlimmer „das wird nicht funktionieren“.
  • Wenn Sie sich von allen Menschen auf der Erde Hilfe für Ihr Startup holen könnten, wen würden Sie gerne in Ihrem Team haben?
    Safia Minney, Gründerin von People Tree und eine Pionierin der ÖKO-fairen Mode
  • Ihr Lieblings-Reiseziel?
    Meine Eltern haben ein Haus in Gschnitz, Tirol. Es gibt keinen Ort auf der Welt, wo ich mich so gut entspannen kann.