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Eine Ode an den Balkon…

Beitrag von unserer Bloggerin Stefanie Reichl

Es ein paar Jährchen dauern, bis ich wieder zu Gärtnern begann. Dann aber zeigte sich schnell, dass die gemeine Städterin nur ein bisschen Kreativität benötigt, um zum Ziel zu gelangen.

Balkon mit vielen Pflanzen und zwei Katzen, jeweils auf einem Liegestuhl schlafend
Der Balkon ist im Sommer das beliebteste Zimmer

…und andere Formen des Stadtgärtners.

Selten war ich dankbarer für meinen Balkon als während des Corona-Lockdowns! Die kleine grüne Oase diente nicht nur als Zufluchtsort im Freien (obwohl ich ja streng genommen noch immer drin war) sondern auch als regelmäßiges Betätigungsfeld. Frühlingsblumen mussten gekauft, Tomaten gesetzt und Kräuter umhegt werden. Die Sitzbank musste neu eingelassen werden und die Sitzkissen benötigten neue, selbst genähte, Bezüge. Außerdem besuchte uns Anfang April beinahe täglich eine Meise, die beobachtet werden wollte und auch das Wohlbefinden der Hummeln im Lavendel musste regelmäßig überprüft werden. Kurz: Es war (und ist) einfach immer was zu tun in meinem kleinen Privatgärtchen im 6. Stock.

Aufgewachsen in einer klassischen Einfamilienhaussiedlung in St. Pölten erkannte ich bereits früh die Freuden eines eigenen Gartens. Als ich der Uni wegen nach Wien zog sanken die Möglichkeiten dafür allerdings rapide. Denn: „Urban Gardening“ war 2004 noch nicht wirklich in der Hauptstadt angekommen (und ehrlicherweise war die Pflanzenpflege mit 18 nicht gerade an der Spitze meiner Prioritätenliste). Ein Schrebergarten oder eine Unterkunft mit eigenem Garten sind in Wien zudem nur relativ schwer (und/oder mit dem nötigen Kleingeld) zu bekommen.

Tatsächlich sollte es ein paar Jährchen dauern, bis ich wieder zu Gärtnern begann. Dann aber zeigte sich schnell, dass die gemeine Städterin nur ein bisschen Kreativität benötigt, um zum Ziel zu gelangen.

Als mir das Buch „Guerilla Gardening. Ein botanisches Manifest“ von Richard Reynolds in die Hände fiel, war ich auf Anhieb gefesselt. Ganz klar, dass ich das auch tun wollte! Das Stadtbild verschönern, in dem man auf freien Flächen Blumen in die Betwonwüste pflanzt – genial! Wie beschrieben, bewaffnete ich mich also erstmals mit Blumensamen und einer großen Wasserflasche und begann meine gute Tat, in dem ich eine kleine Baumscheibe in meiner Umgebung zu beblumen versuchte. So wirklich offiziell geregelt war das damals noch nicht und meine Bemühungen waren zugegebenerweise auch nur von mäßigem Erfolg gekrönt, aber es hat definitiv Spaß gemacht. Heute ist das mit den Baumscheiben in Wien viel klarer. Die Initiative „Garteln ums Eck“, die von der Gebietsbetreuung Stadterneuerung betreut wird, unterstützt seit einigen Jahren ganz offiziell die gartenfreudigen Wienerinnen und Wiener und vergibt Genehmigungen für die einzelnen Baumscheiben, von denen mittlerweile rund 880 begrünt werden. Das einzig Lästige ist wohl, dass dieses Konzept bislang noch nicht allen Hundebesitzerinnen und -besitzern bekannt ist. Es kann einem also durchaus schon einmal passieren, dass man ein Häufchen inmitten der liebevoll gepflanzten Blumen findet …

Baumscheibe im 18. Bezirk

Bei den Baumscheiben ist es für mich allerdings nicht geblieben. Nach weiteren Begrünungsversuchen des schattigen Innenhofs bei meiner zweiten Wohnung war ich bereit für den nächsten Schritt: ein eigenes Beet in einem Gemeinschaftsgarten. Zwei Jahre lang hatte ich im „Pfeilgarten“ im achten Bezirk mein eigenes ca. 1 x 1 Meter großes Abteil in einem Hochbeetkasten mit ein paar großen Pflanztöpfen drumherum. Großartig! Nicht nur, dass ich endlich auch mal ein bisschen was Essbares ernten konnte. Das wirklich Tolle waren die anderen Menschen im Garten – meiner Meinung nach ganz klar der größte Vorteil am Gemeinschaftsgarteln, insbesondere als relative Anfängerin! Meine Beetnachbarin mit supergrünem Daumen hatte immer ein paar Tipps parat und in regelmäßigen Abständen fanden Workshops für die Gartengemeinschaft statt. In diesen lernten wir beispielsweise, wie man richtig kompostiert oder ein Insektenhotel baut. Mittlerweile erfreuen sich zahlreiche Communitygärten in fast allen Bezirken höchster Beliebtheit – für einige davon gibt es Wartelisten – und auch in vielen niederösterreichischen Städten wie St. Pölten, Tulln oder Wiener Neustadt werden Gemeinschaftsgärten immer populärer.

Ein Nachteil an all den bislang beschriebenen Formen der Stadtgärtnerei ist natürlich, dass der Output relativ gering ist. Wer eine halbwegs große Obst- und Gemüseernte einfahren möchte, wird in einem Gemeinschaftsgarten auf Dauer also wahrscheinlich nicht glücklich. Für diese Menschen gibt es allerdings noch eine andere Möglichkeit: die sogenannte „Selbstversorgerparzelle“. Meist eher am Stadtrand gelegen kann man sich so einen Teil eines Feldes sichern, das üblicherweise von Landwirtinnen und Landwirten für eine Saison verpachtet wird. Diese sind zum Großteil bereits mit Gemüse bebaut, das vom Pächter bzw. von der Pächterin nur noch gepflegt und geerntet werden muss. Auf dem Rest der Fläche kann man sicher normalerweise frei austoben. Einziger Nachteil: Aufgrund der Lage kann die Anfahrt viel Zeit in Anspruch nehmen, was die regelmäßige Beetpflege unter Umständen etwas erschweren kann.

Letztgenannte Möglichkeit habe ich bislang noch nicht ausprobiert, aber wer weiß, vielleicht ernte ich im nächsten Jahr mein Gemüse dann auf meiner eigenen Parzelle. Mein Stadtgarten-Abenteuer ist nämlich definitiv noch nicht zu Ende …

Und wie stillt Ihr euern grünen Daumen?