Die Krise als Chance?

Frau kauft regional am Markt ein, @ eNu

Die Corona-Krise verschiebt die Prioritäten in unserem Konsumverhalten. Laut aktuellen Studien des Österreichischen Gallup Instituts und der BOKU Wien zeichnet sich ein Wandel ab. Dieses „Corona-Jahr“ hat uns auch die ökologischen Auswirkungen der Produktion, der Lieferketten und unsere eigenen Konsumgewohnheiten bewusster gemacht. Jetzt bietet sich die Chance unsere Verhaltensweisen zu ändern. Trends zu nachhaltigerem Konsum wurden in den letzten Jahren bereits sichtbar. Werden sie jetzt mehrheitsfähig?

Neue Wertigkeiten

Mit der Krise haben sich die Prioritäten verschoben, nicht nur im Privatleben, in der Gesundheitsvorsorge oder im Beruf sondern auch beim Konsum. Luxusgüter, Verschwendung und Shopping als Freizeitspaß gelten als Begriffe der Vergangenheit. Gesundheit, Pflege, leistbares Wohnen und die Sorge um den Arbeitsplatz sind laut Umfrage des Gallup Instituts die neuen Hauptthemen, welche die Menschen bewegen.

Regionalität, Qualität und Langlebigkeit von Produkten gewinnen an Bedeutung

Acht von zehn KonsumentInnen beabsichtigen, stärker auf regionale Herkunft der gekauften Produkte zu achten. Für zwei Drittel spielen Nachhaltigkeit und Qualität eine größere Rolle, neun von zehn wollen auf den Kauf von Prestige- und Luxusmarken verzichten. Damit hat die Corona-Krise – zumindest in den Umfragemodellen – eine größere Zäsur im Konsumentenverhalten ausgelöst als die Finanzkrise 2008.

Es führt kein Weg vorbei

Eine allgemeine Konsumreduktion sehen ExpertInnen neben dem Einsatz von erneuerbaren Rohstoffen und technologischen Effizienzsteigerungen als unumgänglich für eine nachhaltige Zukunftsentwicklung. Die Appelle dazu verhallten aber bisher mehrheitlich ungehört. Ob die Erfahrungen der Corona-Krise auch in Zukunft ein Umdenken im Konsumverhalten bringen werden – dieser Frage geht eine aktuelle Studie am Institut für Marketing und Innovation an der BOKU in Zusammenarbeit mit dem Fachgebiet Wirtschaftspsychologie der Universität Duisburg-Essen nach.

Nach einer ersten österreichweiten Befragung im Jahr 2019, also vor der Krise, zeigte sich, dass freiwilliger Konsumverzicht überwiegend aus Ich-bezogenen Gründen stattfindet (persönliche Gesundheit z.B. Gewichtsreduktion). Verzicht aus anderen Gründen, wie etwa dem Klimaschutz, wurde im Vorjahr nur vereinzelt genannt.

Genau dort setzte eine zweite Befragung im Mai 2020 an. Und siehe da, eine von drei Personen gab an, dass es nach dem Erleben des Lockdowns leichter fällt, auf Dinge zu verzichten. Rund 80% alle Befragten konnten dem allgemeinen Herunterfahren des täglichen Lebens auch positive Aspekte abgewinnen. Die häufigsten Nennungen waren ein Gefühl von persönlicher Freiheit und geistigem Wohlbefinden, gefolgt von finanzieller Entlastung durch weniger Konsum. Häufig genannt wurde auch das wohltuende „zur Ruhe kommen“ und eine stärkeren Verbindung mit der Natur.

Was bleibt?

Ob wir die guten Vorsätze umsetzen und unser Konsumverhalten tatsächlich langfristig ändern, bleibt abzuwarten. Der Mensch ist ein Gewohnheitstier und erfahrungsgemäß braucht es sehr viel, bis sich unsere Verhaltensweisen ändern. Meist kommen den guten Vorsätzen die Mühen des Alltags dazwischen. Die Hoffnung besteht, da wir in diesem Jahr über mehrere Wochen - gezwungenermaßen - die Gelegenheit hatten, neue Verhaltensweisen auszuprobieren und einzuüben. Eine Gelegenheit, die sich sonst nie ergeben hätte.

Ist es uns gelungen mehr regionale Produkte einzukaufen, Mode nicht als Wegwerfprodukt zu konsumieren oder Naherholung statt Fernreisen zu schätzen? Wenn existenzielle Probleme wie Arbeitsplatzverlust und Verdienstentgang in den Vordergrund rücken, werden gute Konsumvorsätze möglicherweise zum Luxusproblem. Trotzdem werden wir alle gemeinsam unseren Konsum auch langfristig verändern müssen, wenn das Leben auf unserem Planeten lebenswert bleiben soll.

Links:

wir-leben-nachhaltig.at: Nachhaltigkeit
wir-leben-nachhaltig.at: Konsum mit Konsequenzen
wir-leben-nachhaltig.at: Vom Hof zur Haustür
So schmeckt NÖ: Regionale Einkaufsmöglichkeiten in NÖ